Beschlussvorlage - 2024/0054/A 51
Grunddaten
- Betreff:
-
Aufgabenbereich der Hilfen zur Erziehung und der Eingliederungshilfe; hier: a.) Fall-und Kostenentwicklung
b.) Überplanmäßige Aufwendungen gemäß § 83 Abs. 2 GO NRW
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Beschlussvorlage
- Federführend:
- Amtsleitung A 51 - Jugendamt
- Berichterstattung:
- Herr Schmidt
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Jugendhilfeausschuss
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Vorberatung
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07.03.2024
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Erledigt
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Rat der Stadt Alsdorf
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Entscheidung
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19.03.2024
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Beschlussvorschlag
- Der Jugendhilfeausschuss nimmt den Bericht über die Entwicklung der Kosten im Bereich der Hilfen zur Erziehung und Eingliederungshilfen für Kinder, Jugendliche und junge Volljährige zur Kenntnis.
b) Der Jugendhilfeausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt:
Der Rat der Stadt beschließt:
Der Rat der Stadt stimmt einer überplanmäßigen Aufwendung und Auszahlung gem. § 83 GO NRW in Höhe von 1.422.405,31 € im Bereich der Jugendhilfe zu.
Sachverhalt
Darstellung der Sach- und Rechtslage:
a) Fall-und Kostenentwicklung:
In der heutigen Sitzung über die Fall- und Kostenentwicklung in wesentlichen Bereichen der Hilfen zur Erziehung, der Eingliederungshilfen für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche sowie der Hilfe für junge Volljährige mit Stand vom 31.12.2023.
„Die kommunalen Jugendämter in Nordrhein-Westfalen haben im Jahr 2021 knapp 3,4 Mrd. EUR für die Durchführung von Leistungen der Hilfen zur Erziehung, der Hilfen für junge Volljährige sowie der Eingliederungshilfen bei einer (drohenden) seelischen Behinderung aufgewendet. Mit diesem Ergebnis der von IT.NRW erhobenen Daten wurde einmal mehr ein Höchststand der Ausgaben vermeldet.
Aufgewendet wurden diese finanziellen Ressourcen im Jahr 2021 für 238.339 Leistungen der Hilfen zur Erziehung gem. §§ 27-35 SGB VIII und der Hilfen für junge Volljährige gem. § 41 SGB VIII sowie für 33.855 Eingliederungshilfen gem. § 35a SGB VIII für junge Menschen. Über die Leistungen der Hilfen zur Erziehung und Hilfen für junge Volljährige wurden – zumindest statistisch betrachtet – etwa 280.378 junge Menschen und ihre Familien erreicht. Bevölkerungsrelativiert entspricht das einer Inanspruchnahmequote von 8%. Rechnet man Erziehungsberatungen heraus, sind es nicht ganz 5%.
Mit den Daten 2021 sind die Daten des zweiten Pandemiejahres veröffentlicht worden. Während bei den finanziellen Aufwendungen ein weiterer Höchststand vermeldet wird, zeichnen sich unterschiedliche Entwicklungen bei den Einzelfallleistungen ab. So sind die erzieherischen Hilfen nach dem erstmaligen Rückgang im ersten Pandemiejahr weiter leicht gesunken. Diese Entwicklung geht auf den weiteren Rückgang der stationären Hilfen und der Erziehungsberatung zurück. Letztere fällt allerdings deutlich geringer aus als noch in 2020. Höchstwahrscheinlich haben die Kontaktbeschränkungen im Rahmen der Coronapandemie hier ihre Spuren hinterlassen. Es ist allerdings auch möglich, dass die tatsächliche Anzahl an Beratungen im Jahr 2021 höher ausgefallen ist, statistisch jedoch nicht abgebildet werden konnte. Pandemiebedingt ausgeweitete Beratungsformate, z.B. die telefonische Beratung, werden erst ab dem Datenjahr 2022 in der KJH-Statistik erfasst.1 Die ambulanten Hilfen sind hingegen wieder gestiegen, nachdem sie im Vorjahr eher konstant geblieben sind. Sie erreichen damit in 2021 einen Höchststand.
Mit dieser Zunahme fällt der gesamte Rückgang der Hilfen zur Erziehung - im Vergleich zur Entwicklung zwischen 2019 und 2020 - deutlich geringer aus.“ (HzE Bericht 2023, herausgegeben April 2023, auf der Datenbasis von 2021)
Gestiegen sind im Arbeitsfeld in diesem Zeitraum vor allem die Hilfen für junge Volljährige und die Eingliederungshilfen bei einer (drohenden) seelischen Behinderung gem. § 35a SBG VIII.
Auch im letzten Jahr sind - auf die Stadt Alsdorf bezogen - die ambulanten Hilfen weiter angestiegen, während im Vergleich zu den Zahlen von 2022 die besonders kostenintensiven stationären Hilfen leicht rückläufig sind.
Nach wie vor sind die Veränderungen in Bezug auf das im Juni 2021 in Kraft getretene Kinder-und Jugendstärkungsgesetz, sowie das im Mai 2022 in Kraft getretene Landeskinderschutzgesetz zu spüren. Wie bereits im letzten Jahr berichtet, sind auf dieser Grundlage die Hilfen für junge Volljährige auch in Alsdorf angestiegen und auch das geforderte noch viel größere Augenmerk auf den Kinderschutz schlägt sich ebenfalls in den Hilfen zur Erziehung nieder.
Auch weiterhin nicht zu beeinflussen sind Zuzüge von Familien nach Alsdorf, deren Kinder bereits untergebracht sind.
Die Kosten der Unterbringung in einer Regelgruppe betragen pro Jahr ca. 60.000 €, bei einem Intensivplatz liegen sie zwischen 70.000 und 120.000 €, am kostengünstigsten sind hier noch die Verselbständigungsgruppen mit 45.000 – 60.000 je nach Einrichtung.
Aufgrund der Inflation und durch die jährlichen Tariferhöhungen steigen auch diese Kosten weiterhin.
Unter Hilfen zur Erziehung werden verschiedene Formen der beratenden, begleitenden und betreuenden sozialpädagogischen Unterstützungen in unterschiedlicher Intensität verstanden. Zur Gewährleistung einer hilfebedarfsgerechten Unterstützung werden professionelle Fachkräfte entsprechend der individuellen Zielformulierung eingesetzt. Für die Ausgestaltung der Hilfe arbeitet das Jugendamt mit den freien Trägern der Jugendhilfe eng und konstruktiv zusammen. Hierbei hat die Stärkung des Familiensystems Vorrang vor der Unterbringung in einer stationären Jugendhilfeeinrichtung.
Nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz haben Personensorgeberechtigte einen Rechtsanspruch auf Hilfen zur Erziehung für sich und ihr Kind, wenn ein entsprechender erzieherischer Bedarf erforderlich ist und die Hilfe für die weitere Entwicklung geeignet und notwendig ist. Auch junge Volljährige können entsprechende Unterstützung erhalten. Jugendhilfe gehört somit zu den sogenannten „pflichtigen Aufgaben der Verwaltung“. Dieser Rechtsanspruch wurde durch das am 10.06.2021 in Kraft getretene Kinder-und Jugendstärkungsgesetzes noch weiter in den Vordergrund gestellt.
Für die Stadt Alsdorf ergeben sich zum Stichtag 31.12.2023 folgende Fallzahlen in den verschiedenen Leistungsbereichen:
Im IV. Quartal 2023 wurden insgesamt 634 Hilfen zur Erziehung und Eingliederungshilfen gewährt und umgesetzt. Da nicht alle Tätigkeiten im ASD ausschließlich im unmittelbaren Leistungsbezug der Bürger stehen, müssen zusätzlich zu den kostenintensiven Fällen auch die oftmals sehr zeitintensiven Arbeitsprozesse wie Kinderschutzfälle, Trennungs- und Scheidungsberatungen, Familiengerichtsverfahren, begleitete Umgänge und formlose Betreuungen berücksichtigt werden. Insgesamt wurden im IV. Quartal 2023 zusätzlich zu den 634 Hilfefällen weitere 183 Familien durch den ASD begleitet.
Insbesondere die formlosen Betreuungen der weiteren 183 Familien, die durch die eigenen Fachkräfte kostenneutral durchgeführt werden, bringen im Leistungsbereich erhebliche Kostenreduzierungen mit sich.
Mit dem Inkrafttreten des Bundeskinderschutzgesetzes am 01.01.2012 wurde die Statistik zu den Einschätzungsverfahren einer Kindeswohlgefährdung gem. § 8a SGB VIII eingeführt. Die Statistik zählt erstmal keine (gefährdeten) Kinder, sondern Verfahren, bei denen eingeschätzt wurde, ob ein Kind möglicherweise gefährdet ist.
Im Jahr 2023 gingen insgesamt 288 Meldungen über mögliche Kindeswohlgefährdungen (KWG) ein. Alle Meldungen wurden verlässlich immer von 2 Mitarbeiter*innen überprüft.
Bei 125 Fällen kamen die Fachkräfte des Allgemeinen Sozialen Dienstes zu dem Ergebnis, dass eine (akute oder latente) Kindeswohlgefährdung vorliegt. Davon mündeten 28 Fälle in stationären Hilfen, 76 wurden durch ambulante Maßnahmen unterstützt und in 21 Fällen war bereits zum Zeitpunkt der Meldung eine Hilfe installiert.
In 163 Fällen hat sich die Meldung nicht als Kindeswohlgefährdung bestätigt.
In 50 Fällen von diesen war eine KWG zwar zu verneinen, aber ein Hilfe- oder Beratungsbedarf wurde bejaht und bei 113 Fällen waren nach einer Überprüfung keine weiteren Maßnahmen erforderlich.
Gründe für Meldungen zu Kindeswohlgefährdungen und Inobhutnahmen waren: desolate Wohnverhältnisse; Räumungsklagen; Abstellen von Strom und Wasser seitens der Energieversorger; Einstellung bzw. Reduzierung von ARGE-Leistungen; häusliche Gewalt; psychische und physische Erkrankungen oder auch Suchterkrankungen bei Eltern, Kindern und Jugendlichen; unzureichende Versorgung und hohe Fehlzeiten in der Kindertagesstätte und in den Schulen. In den meisten Fällen war eine Mitteilung an das Jugendamt berechtigt und begründet.
Kindeswohlgefährdungen werden durch Energieversorger, ARGE, Nachbarn, Verwandte, Polizei, Kitas, Schulen, Gesundheitshilfe und Beratungsstellen gemeldet. Die Umsetzung, Begleitung, Finanzierung, Kostenheranziehung etc. der beschriebenen Hilfen setzt eine ausreichende Ausstattung des Sozialen Dienstes und der wirtschaftlichen Jugendhilfe mit Personalressourcen voraus.
Die Übersicht über Fallzahlen- und Kosten für das Jahr 2023 sind als Anlage zu diesem Tagesordnungspunkt beigefügt.
b) Überplanmäßige Aufwendungen gem. § 83 Abs. 2 GO NRW:
Nach § 83 GO NRW bedürfen über-und außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen der Zustimmung des Rates der Stadt, sofern diese erheblich sind.
Nach § 4 der Zuständigkeitsordnung der Stadt Alsdorf sind über-und außerplanmäßige Aufwendungen über 40.000 € als erheblich anzusehen. Es ist für diese eine Zustimmung im Einzelfall einzuholen.
Die erzieherischen Hilfen im Produkt 06-03-01 des Jugendamtes sind gem. § 27 ff SGB VIII Pflichtaufgaben der Kommune, auf die ein individueller und einklagbarer Rechtsanspruch besteht.
Gemäß § 86 SGB VIII ist für die Gewährung von Leistungen der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.
Die Mehraufwendungen in 2023 in Höhe von 1. 422 405,31 € resultieren u.a. aus:
- Erhöhte Fallzahlen in der Eingliederungshilfe (§ 35a SGB VIII), d.h. kostenträchtige stationäre Hilfen auf dringende Empfehlung der Kinder-und Jugendpsychiatrie und gerichtlicher Entscheidungen
- Mehraufwendungen bei den Kosten für Schulbegleitungen im Rahmen der Inklusion
- Zunahme von Inobhutnahmen und Fremdunterbringungen im Rahmen kindeswohlgefährdender Situationen (§8a SGB VIII)
- Familien mit umfangreichem, komplexem Hilfe- und Unterstützungsbedarf, die langandauernde ambulante Hilfen benötigen
- Kostenübernahmefälle bei Zuzug aus anderen Kommunen
- Unvorhersehbare Abbrüche von Unterbringungen in Pflegefamilien mit kostenintensiven, therapeutischen Anschlussmaßnahmen
- Zunahme von stationären Unterbringungen von Kindern und Jugendlicher mit komplexen Störungsbildern und extremem Hilfebedarf (sogenannte „Systemsprenger“)
Resümierend ist zudem festzustellen, dass aufgrund der oben beschriebenen Gründe der Kostensteigerung und der erhöhten Fallzahlen eine auskömmliche Finanzierung mit den im Haushalt vorgesehenen Mitteln nicht sichergestellt ist.
Insofern ist eine überplanmäßige Bereitstellung von Haushaltsmitteln in Höhe von 1.422 405,31 € erforderlich.
Auswirkungen
Darstellung der finanziellen Auswirkungen:
Die Deckung der überplanmäßigen Aufwendungen in Höhe von 1.422 405,31 € erfolgt aus folgender Haushaltsposition:
Mehrerträge aus der Gewerbesteuer,
Sachkonto 401300
Kostenträger 16-01-01
Darstellung der ökologischen und sozialen Auswirkungen:
Ergibt sich aus dem gesetzlichen Auftrag.
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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(wie Dokument)
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228,4 kB
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(wie Dokument)
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(wie Dokument)
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398,3 kB
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4
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(wie Dokument)
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250,4 kB
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