Beschlussvorlage - 2024/0395/A20
Grunddaten
- Betreff:
-
Satzung über die Festsetzung der Hebesätze für die Realsteuern der Stadt Alsdorf für das Kalenderjahr 2025
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Beschlussvorlage
- Federführend:
- A 20 - Kämmereiamt
- Berichterstattung:
- Herr Sonders
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Hauptausschuss
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Vorberatung
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03.12.2024
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Erledigt
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Rat der Stadt Alsdorf
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Entscheidung
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10.12.2024
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Beschlussvorschlag
Der Hauptausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt:
- Der Rat der Stadt beschließt die als Anlage 3 beigefügte Satzung über die Festsetzung der Hebesätze für die Grund- und Gewerbesteuer in der Stadt Alsdorf (Hebesatzsatzung).
- Der Rat verzichtet vorerst auf eine Einführung der Grundsteuer C.
Sachverhalt
Darstellung der Sach- und Rechtslage:
Die Steuersätze für Realsteuern werden gemäß § 78 der Gemeindeordnung NRW (GO NRW) in der Regel durch die Haushaltssatzung festgelegt. Alternativ können die Gemeinden die Steuersätze für die Realsteuern auf Basis der Realsteuergesetze (Grundsteuer- und Gewerbesteuergesetz) auch in einer separaten Hebesatzsatzung festsetzen.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 10. April 2018 die Einheitsbewertung, die der Grundsteuer zugrunde liegt, als verfassungswidrig eingestuft, da sie nicht mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz vereinbar ist. Aufgrund der großen finanziellen Bedeutung der Grundsteuer und des umfangreichen Aufwands einer Neubewertung gewährte das Gericht dem Gesetzgeber zwei Fristen. Sofern bis zum 31. Dezember 2019 eine Neuregelung der Einheitsbewertung erfolgt, dürfen die bisherigen Regelungen bis zum 31. Dezember 2024 weiterhin angewendet werden. Diese Neuregelung wurde durch das Grundsteuer-Reformgesetz 2019 geschaffen.
Durch die Hebesatzsatzung vom 21.03.2024 wurden die Hebesätze zunächst, aufgrund des Doppelhaushaltes, für die Jahre 2024 und 2025 festgesetzt. Aufgrund der Neubewertung des Finanzamtes im Rahmen der Grundsteuerreform, hat sich die Summe der Grundsteuermessbeträge deutlich verringert. Würde die Stadt Alsdorf die bisherigen Hebesätze beibehalten, käme es zu geringeren Steuereinnahmen. In diesem Zusammenhang ist zunächst festzuhalten, dass in jedem Fall für die Veranlagung der Grundsteuer ab dem 1. Januar 2025 Grundsteuerhebesätze beschlossen werden müssen. § 25 Abs. 2 Grundsteuergesetz (GrStG – alte wie neue Fassung) regelt hierzu, dass der Hebesatz für ein oder mehrere Kalenderjahre, höchstens jedoch für den Hauptveranlagungszeitraum der Steuermessbeträge festzusetzen ist. Da mit der Grundsteuerveranlagung nach neuem Recht ein neuer Hauptveranlagungszeitraum zum Tragen kommt, ist es daher ausgeschlossen, die bisherigen Hebesätze ohne erneute Beschlussfassung ab dem 1. Januar 2025 auf die neuen Grundsteuermessbeträge anzuwenden.
Für die Stadt Alsdorf bleibt die Ermittlung der Grundsteuer trotz der Reform unverändert: Die Berechnung erfolgt weiterhin durch die Multiplikation des durch das Finanzamt festgesetzten Grundsteuermessbetrags mit dem von der Stadt festgelegten Hebesatz.
Die neuen, von den Finanzbehörden ermittelten Grundsteuermessbeträge sind erstmals ab 2025 bei der Erhebung der Grundsteuer zu berücksichtigen. Ziel ist es, das Steueraufkommen für die Kommunen aufkommensneutral zu gestalten. Das bedeutet, dass die Gesamteinnahmen aus der Grundsteuer für die Gemeinden unverändert bleiben sollen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Belastung für alle Steuerpflichtigen gleichbleibt. Während die Stadt Alsdorf insgesamt dieselben Einnahmen erzielt, können einzelne Steuerzahler mehr, weniger oder gleich viel zahlen.
Das Ministerium der Finanzen Nordrhein-Westfalen hat der Stadt Alsdorf im September 2024 die folgenden neuen aufkommensneutralen Hebesätze mitgeteilt, die dazu führen sollen, dass die Grundsteuereinnahmen der Stadt Alsdorf bei Anwendung der neuen Messbeträge unverändert bleiben:
Grundsteuer A:
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Hebesatz |
Grundsteuervolumen |
2024 |
437% |
51.997 Euro |
2025 |
865% |
52.003 Euro |
Differenz |
+ 428 %-Pkt. |
6 Euro |
Grundsteuer B:
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Hebesatz |
Grundsteuervolumen |
2024 |
895 % |
12.757.850 Euro |
2025 |
1.018 % |
12.765.292 Euro |
Differenz |
+ 123 %-Pkt. |
7.442 Euro |
Auswirkungen der Grundsteuerreform
Vor der Grundsteuerreform hat das Finanzamt bei der Bewertung von Grundstücken unterschiedliche Messzahlen für Wohn- und Nichtwohngrundstücke verwendet, die nun stark angenähert wurden. Dabei hat sich herausgestellt, dass Gewerbegrundstücke durch diese Änderung überproportional an Wert verlieren und somit zukünftig einen geringeren Beitrag zum Grundsteueraufkommen leisten werden.
Bereits vor zwei Jahren haben die kommunalen Spitzenverbände auf dieses Problem hingewiesen. Eine Anpassung der Bewertung von Gewerbegrundstücken durch den Landesgesetzgeber ist jedoch ausgeblieben. Stattdessen hat die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen am 4. Juli 2024 das nordrhein-westfälische Grundsteuerhebesatzgesetz verabschiedet. Dieses Gesetz ermöglicht es den Kommunen ab 2025, differenzierte Hebesätze für die Grundsteuer B festzulegen, um so eine Entlastung von Wohneigentum zu erreichen. Die durch das Land mitgeteilten Hebesätze lauten wie folgt:
Grundsteuer B (ohne Differenzierung) |
Grundsteuer B (mit Differenzierung) |
Differenz |
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1.018 % |
Wohngrundstücke |
951 % |
- 67 %-Pkt. |
Nichtwohngrundstücke |
1.185 % |
+ 167 %-Pkt. |
Aufgrund rechtlicher Bedenken der Kommunen hat das Finanzministerium NRW ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben (siehe Anlage 1). Dieses Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine Differenzierung der Hebesätze der Grundsteuer B bestehen. Zu den wesentlichen Punkten des Gutachtens gehören:
- Die Hebesatzsatzung der Kommune muss im Falle einer Differenzierung mit dem Zweck der Reduzierung der Wohnnebenkosten keine besondere Begründung enthalten. Dies gilt auch, wenn auf eine Differenzierung verzichtet wird.
- Eine Privilegierung von Wohnraum dürfte bei einem Belastungsunterschied von bis zu 50 % keine verfassungsrechtlichen Probleme aufwerfen.
Der Deutsche Städtetag hat ebenfalls ein Rechtsgutachten (siehe Anlage 2) in Auftrag gegeben. Dieses kam zu dem Ergebnis, dass eine rechtssichere Anwendung der Regelungen des nordrhein-westfälischen Grundsteuerhebesatzgesetzes durch die Gemeinden nicht möglich sei.
Bis eine höchstrichterliche oder verfassungsgerichtliche Klärung erfolgt, bleibt offen, welche der beiden Auffassungen sich durchsetzen wird. Nach Ansicht des Städtetages Nordrhein-Westfalen bieten die im zweiten Gutachten aufgezeigten Argumente jedoch klagewilligen Steuerpflichtigen und Verbänden eine solide Grundlage, die rechtlich über sämtliche Instanzen Bestand haben könnte. Sollte die Verfassungswidrigkeit differenzierter Hebesätze festgestellt werden, wäre rückwirkend für die betroffenen Haushaltsjahre ein einheitlicher, ermäßigter Hebesatz für alle Grundstücksarten anzuwenden.
Da eine abschließende gerichtliche Klärung mehrere Jahre in Anspruch nehmen könnte, besteht für die Kommunen in Nordrhein-Westfalen ein erhebliches finanzielles Risiko. Insbesondere könnten erhebliche Einnahmeausfälle entstehen, falls die differenzierten Hebesätze nachträglich für ungültig erklärt werden.
Unter Berücksichtigung der im September 2024 vom Land NRW für Alsdorf veröffentlichten Empfehlungen zu differenzierten Hebesätzen (951 % für Wohn- und 1.185 % für Nichtwohngrundstücke) sowie der aktuellen Auswertung des steuerlich relevanten Messbetragsvolumens der Grundsteuer B (insgesamt 1.253.958 EUR, davon 895.835 EUR für den Bereich „Wohnen“ und 358.123 EUR für den Bereich „Nichtwohnen“) ergibt sich für das Jahr 2025 ein potenzielles Steuerausfallrisiko von 838.008 EUR. Dieses Risiko könnte sich in den Folgejahren erhöhen, solange keine endgültige juristische Klärung erfolgt ist.
Es ist gleichermaßen zu beachten, dass gemischt genutzte Immobilien vollständig dem Bereich „Nichtwohnen“ zugeordnet werden, selbst wenn sie auch Wohnzwecken dienen und die gewerbliche Nutzung nur eine untergeordnete Rolle spielt. Bei der Einführung differenzierter Hebesätze würden somit auch diese Immobilien, die etwa 15 % des Messbetragsvolumens im Bereich „Nichtwohnen“ ausmachen, mit dem höheren Hebesatz belastet. Dies widerspricht der Grundidee der Hebesatzdifferenzierung, die eine steuerliche Entlastung des Wohnbereichs anstrebt.
Gleichzeitig bedeutet die beschriebene Belastungsverschiebung nicht, dass alle dem Wohnbereich zugeordneten Grundstücke eine höhere Steuerlast tragen. Es gibt auch zahlreiche Fälle, in denen die Steuerbelastung im Vergleich zum bisherigen Recht sinkt, was im Rahmen der Hebesatzdifferenzierung zu einer doppelten steuerlichen Begünstigung führen kann. Dies ist auf die starke Individualität der Einzelfälle zurückzuführen, die die Zielgenauigkeit der pauschalen Differenzierung zwischen Wohn- und Nichtwohnbereich erheblich einschränkt.
Darüber hinaus könnte diese Doppelbegünstigung gegen den Grundsatz der gleichmäßigen Besteuerung verstoßen, da sie die Intention der Grundsteuerreform, eine gerechte Verteilung der Steuerlast, teilweise untergräbt.
Die Grundsteuerreform wird von den Bürgerinnen und Bürgern kritisch betrachtet. Nach Angaben des Finanzamts Aachen-Kreis sind etwa 9 % der für Alsdorf und Baesweiler (eine eigene Prozentzahl für Alsdorf konnte nicht ermittelt werden) erlassenen Grundsteuermessbescheide noch durch Rechtsbehelfe angefochten, über die bisher nicht entschieden wurde. Daher ist davon auszugehen, dass – unabhängig vom in Alsdorf gewählten Modell – eine erhebliche Anzahl von Widersprüchen und Klagen gegen die Grundsteuer 2025 eingereicht wird.
Die Verwaltung erkennt die potenzielle Problematik einer möglichen systematischen Verteuerung des Wohnens durch die Festlegung eines einheitlichen, aufkommensneutralen Hebesatzes für die Grundsteuer B an und unterstützt grundsätzlich die Idee differenzierter Hebesätze. Allerdings wären mit der Einführung solcher Hebesätze erhebliche rechtliche Risiken verbunden, die insbesondere mittelfristig erhebliche finanzielle Risiken für den Haushalt der Stadt Alsdorf nach sich ziehen könnten.
Angesichts der angespannten Haushaltslage der Stadt überschreiten diese Risiken die tragbare finanzielle Belastungsgrenze. Vor diesem Hintergrund empfiehlt die Verwaltung daher vorerst, an einem einheitlichen Hebesatz für die Grundsteuer B festzuhalten, da allein diese Handhabung eine rechtssichere Steuerveranlagung gewährleisten würde.
Hebesatzsatzung
Die in der Hebesatzsatzung festgelegten aufkommensneutralen Steuersätze für die Realsteuern der Stadt Alsdorf stellen sich damit wie folgt dar:
Grundsteuer
1. für die land- und forstwirtschaftlichen
Betriebe (Grundsteuer A) auf 865 v.H.
2. für die Grundstücke (Grundsteuer B) auf 1.018 v.H.
Grundsteuer C
Im Rahmen der Grundsteuerreform wird ab dem 1. Januar 2025 die Grundsteuer C eingeführt. Diese neue Steuer ermöglicht es den Kommunen, eine Steuer auf unbebaute, baureife Grundstücke zu erheben.
In Ballungsräumen besteht ein erheblicher Wohnungsmangel, und oft werden baureife Grundstücke nur zu Spekulationszwecken gehalten, ohne dass eine Bebauung erfolgt. Die Einführung der Grundsteuer C zielt darauf ab, diese Spekulation zu verteuern und Anreize zu schaffen, auf diesen Grundstücken Wohnraum zu schaffen. Sie ist weniger als Einnahmequelle gedacht, sondern als Lenkungsinstrument, um Brachflächen zu aktivieren und der Spekulation entgegenzuwirken.
Die Anwendung der Grundsteuer C ist jedoch mit rechtlichen Unsicherheiten verbunden, da es noch keine gerichtlichen Auslegungen zu den gesetzlichen Bestimmungen gibt. Auch der Verwaltungsaufwand ist derzeit schwer absehbar, da die Abweichungen in der Besteuerung aus städtebaulichen Gründen detailliert begründet und dokumentiert werden müssen.
Die Grundsteuer C wird nicht für das gesamte Stadtgebiet erhoben. Es müssen jährlich betroffene Gebiete bestimmt und durch Allgemeinverfügung festgelegt werden, was zu einem erheblichen wiederkehrenden Verwaltungsaufwand führt. Rechtsstreitigkeiten werden sowohl nach Erlass der Allgemeinverfügung als auch nach der Erhebung der Grundsteuer C erwartet. Der zusätzliche personelle Aufwand betrifft nicht nur die Steuerabteilung, sondern auch andere Bereiche wie das A 61 – Amt für Planung und A 30 - Rechtsamt.
Aus diesen Gründen empfiehlt die Verwaltung der Stadt Alsdorf, die Grundsteuer C nicht einzuführen.
Gewerbesteuer
Der Hebesatz für die Gewerbesteuer bleibt unverändert bei 495 v.H..
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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(wie Dokument)
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1 MB
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(wie Dokument)
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439,9 kB
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(wie Dokument)
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422,8 kB
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