Beschlussvorlage - 2011/1083
Grunddaten
- Betreff:
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Anregungen und Beschwerden gemäß § 24 der Gemeindeordnung für das Land NRW; hier: Katzenschutzverordnung für freilaufende Katzen Antrag des Tierschutzvereins für Aachen u.U.e.V.
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Beschlussvorlage
- Federführend:
- 6.2 - Sicherheit und Ordnung
- Berichterstattung:
- Herr Kahlen
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Hauptausschuss
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Entscheidung
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31.03.2011
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Sachverhalt
Darstellung der Sachlage:
Mit Antrag vom 15.02.2011 beantragt der Tierschutzverein Aachen bei der Städteregion Aachen den Erlass einer Katzenschutzverordnung für freilaufende Katzen zu beschließen (siehe Anlage 1).
Ein gleichlautender Antrag wurde bereits im Jahr 2009 im Rahmen der gemeinsamen Dienstbesprechung der Leiter der örtlichen Ordnungsbehörden als rechtlich nicht durchführbar erachtet.
Darstellung der Rechtslage:
Nach Auffassung der Geschäftsstelle des Städte- und Gemeindebundes kann durch ordnungsbehördliche Verordnung weder die Kastration noch die Kennzeichnung von Freigängerkatzen angeordnet werden. Es besteht keine abstrakte Gefahr, d.h. es liegen keine Zustände nach den Erfahrungen des täglichen Lebens vor, die mit Wahrscheinlichkeit zu konkreten Gefahren führen und entsprechende Regelungen rechtfertigen würden.
Auszug aus dem Rechtsgutachten des Städte- und Gemeindebundes vom 03.09.2009:
Die entscheidende Voraussetzung für die materielle Rechtmäßigkeit einer ordnungsbehördlichen Verordnung ist das Vorliegen einer abstrakten Gefahr.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ist eine abstrakte Gefahr gegeben, wenn eine generellabstrakte Betrachtung zu dem Ergebnis führt, das mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall an einem geschützten Rechtsgut einzutreten pflegt. Dies setzt eine in tatsächlicher Hinsicht genügend abgesicherte Prognose voraus. Solange eine Behörde mangels genügender Kenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte oder über die maßgeblichen Kausalverläufe nicht zu der erforderlichen Gefahrenprognose im Stande ist, liegt keine abstrakte Gefahr vor.
In einem ersten Schritt muss daher zunächst für jede Gemeinde geklärt werden, ob überhaupt im jeweiligen Gemeindegebiet in Folge von unterlassenen Kastrationen eine problematisch hohe Katzenpopulation existiert.
Selbst wenn man aber eine derart hohe Katzenpopulation unterstellt, erscheint die Annahme einer abstrakten Gefahr fraglich.
Vorliegend möglicherweise betroffene Schutzgüter könnten allenfalls die Gesundheit der Bevölkerung sowie das Tierschutzgesetz sein.
Eine abstrakte Gefahr kann vorliegend nicht wegen Nichtbeachtung des Tierschutzgesetzes angenommen werden. Hierfür wäre erforderlich, dass das Tierschutzgesetz diesbezüglich vom Bürger ein Tun oder Unterlassen verlangt. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Kastration von Katzen ist für eine artgerechte Tierhaltung nach den Vorgaben des § 2 TierSchG nicht erforderlich. Auch § 6 (1) Nr. TierSchG beinhaltet keine Kastrationspflicht, sondern nimmt lediglich die Unfruchtbarmachung zur Verhinderung der unkontrolliertem Fortpflanzung vom grundsätzlichen Verbot des Entnehmens oder Zerstörens von Organen aus. Das Unterlassen der Kastration stellt schließlich keinen Verstoß gegen § 1 Satz 2 TierSchG dar, da hierdurch der betreffenden Katze keine Schmerzen, Leid oder Schaden zugefügt werden.
Dafür, dass von einer überhöhten Katzenpopulation verstärkt Gesundheitsgefahren für den Menschen ausgehen, gibt es zur Zeit keine hinreichenden Anhaltspunkte. Moralische und hygienische Zumutungen, insbesondere durch ggf. verstärkte Ausscheidungen der Katzen sowie das Leiden und Sterben der Tiere, überschreiten nicht die Gefahrenschwelle. Bloße Belästigungen, Nachteile, Unbequemlichkeiten oder Geschmacklosigkeiten rechtfertigen nicht den Erlass einer ordnungsbehördlichen Verordnung. Solange eine erhöhte Gesundheitsgefährdung für den Menschen nicht nachgewiesen ist, ist daher nach Auffassung des Städte- und Gemeindebundes eine Kastrationspflicht für Freigängerkatzen durch Verordnung mangels abstrakter Gefahr nicht rechtmäßig.
Auch die Kennzeichnungspflicht für Freigängerkatzen ist nach Auffassung des Städte- und Gemeindebundes nicht rechtmäßig, da regelmäßig keine abstrakte Gefahr für die öffentliche Sicherheit gegeben ist. Insbesondere kann das Bedürfnis, freilaufende Katzen schnell dem Halter zuordnen zu können, eine allgemeine Kennzeichnungspflicht nicht rechtfertigen, denn eine entlaufende, streunende oder herrenlose Katze stellt regelmäßig keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung dar.
Das bloße Leiden eines Tieres an sich beeinträchtigt die öffentliche Sicherheit oder Ordnung regelmäßig nicht, da dem Tier keine subjektiven Rechte zukommen. Erst infolge eines Verstoßes gegen Normen des Tierschutzgesetzes kann eine Gefahrenlage bejaht werden.
Dieser ist aber, wie dargestellt, nicht gegeben.
Insoweit ist eine solche Änderung einer Ordnungsbehördliche Verordnung als rechtswidrig anzusehen.
In Telefonaten am 25. Februar 2011 mit den Städten Jülich und Paderborn, welche die Katzenschutzverordnung erlassen haben, wurden folgende Erfahrungen wie folgt beschrieben:
1. Die Tierschutzverbände haben den Erlass der Verordnung begrüßt.
2. Die Durchsetzbarkeit ist auf Grund der mangelnden Personalstärke und praktischen Durchführbarkeit nicht gewährleistet.
3. Es habe bislang nicht ein Verfahren gegeben; kein Verwarn- oder Bußgeld sei verhängt worden.
4. Es sei anzunehmen dass die Tierhalter die Änderungen nur im geringen Umfang wahrgenommen haben.
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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1
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öffentlich
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272,2 kB
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