Beschlussvorlage - 2022/0085/A51.2
Grunddaten
- Betreff:
-
Aufgabenbereich der Hilfen zur Erziehung und der Eingliederungshilfe; hier: Fall- und Kostenentwicklung
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Beschlussvorlage
- Federführend:
- A 51.2 - Jugendhilfe
- Berichterstattung:
- Herr Schmidt
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Jugendhilfeausschuss
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Entscheidung
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10.03.2022
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Sachverhalt
Darstellung der Sach- und Rechtslage:
Die Verwaltung informiert den Jugendhilfeausschuss in der Sitzung über die Fall- und Kostenentwicklung in wesentlichen Bereichen der Hilfen zur Erziehung, der Eingliederungshilfen für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche sowie der Hilfe für junge Volljährige mit Stand vom 31.12.2021.
Die Fallzahlenentwicklung im Bereich der Hilfen zur Erziehung ist in NRW seit vielen Jahren steigend.
Gestiegen sind im Arbeitsfeld vor allem die Hilfen für junge Volljährige und die Eingliederungshilfen bei einer (drohenden) seelischen Behinderung. Für andere Leistungen weist die KJH-Statistik sogar rückläufige Inanspruchnahmewerte aus, insbesondere bei der Heimerziehung. Dies ist die Folge dessen, dass der Unterstützungsbedarf der unbegleiteten ausländischen Minderjährigen in diesem Zeitraum rückläufig war. (vgl. HzE Bericht März 2020, herausgegeben durch die Landesjugendämter).
Der HzE Bericht 2021, der auf den Daten von 2019 basiert und Aussagen über die Entwicklungen und Ausgaben erzieherischer Hilfen in NRW darstellt, gibt an, dass im Jahr 2019 253.309 Hilfen zur Erziehung in Anspruch genommen wurden. 2008 waren es noch 209.728. Damit sind die Fallzahlen in diesem Zeitraum um 21% gestiegen. Zwischen 2018 und 2019 hat sich die Fallzahl nur leicht um 1% erhöht.
Hier wird außerdem darauf hingewiesen, dass sich u.a. die im Jahre 2019 gestiegenen Gefährdungseinschätzungen (+14%) auch in einem Bedeutungsgewinn der Hilfen zur Erziehung mit einem vorangegangenen „8a Verfahren“ bemerkbar machen und auf die gestiegene Sensibilität im Kinderschutz hindeuten.
Für das Jahr 2019 weist die KJH Statistik für NRW ein Ausgabenvolumen von rund 3,09 Mrd. EUR für Leistungen der Hilfen zur Erziehung, der Hilfen für junge Volljährige sowie der Eingliederungshilfen bei einer (drohenden) seelischen Behinderung aus. Damit steigen die finanziellen Aufwendungen auch im Laufe der zweiten Dekade des 21.Jahrhunderts weiterhin an.
Der Anstieg der finanziellen Aufwendungen zwischen 2018 und 2019 korrespondiert im Wesentlichen mit der allgemeinen Preissteigerung. (vgl. HzE Bericht Oktober 2021, herausgegeben durch die Landesjugendämter)
Schwierig und nicht zu beeinflussen ist nach wie vor eine hohe Anzahl von Eltern/Elternteilen, die nach Alsdorf ziehen und deren Kinder bereits untergebracht sind. Dadurch verschiebt sich die Kostenträgerschaft in die Stadt Alsdorf. Bei durchschnittlichen Kosten je Heimfall pro Jahr von rd. 80.000,- € ergeben sich hier erhebliche Jahressummen und zusätzliches Arbeitsaufkommen im ASD sowie in der Wirtschaftlichen Jugendhilfe. Es handelt sich hier um Zuzüge aus dem gesamten Bundesgebiet nach Alsdorf.
Zusätzlich zum Anstieg der Fallzahlen kommen noch Kostensteigerungen durch die jährlichen Tariferhöhungen.
Unter Hilfen zur Erziehung werden verschiedene Formen der beratenden, begleitenden und betreuenden sozialpädagogischen Unterstützungen in unterschiedlicher Intensität verstanden. Zur Gewährleistung einer hilfebedarfsgerechten Unterstützung werden professionelle Fachkräfte entsprechend der individuellen Zielformulierung eingesetzt.
Für die Ausgestaltung der Hilfe arbeitet das Jugendamt mit den freien Trägern der Jugendhilfe eng und konstruktiv zusammen. Hierbei hat die Stärkung des Familiensystems Vorrang vor der Unterbringung in einer stationären Jugendhilfeeinrichtung.
Nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz haben Personensorgeberechtigte einen Rechtsanspruch auf Hilfen zur Erziehung für sich und ihr Kind, wenn ein entsprechender erzieherischer Bedarf erforderlich ist und die Hilfe für die weitere Entwicklung geeignet und notwendig ist. Auch junge Volljährige können entsprechende Unterstützung erhalten. Jugendhilfe gehört somit zu den sogenannten „pflichtigen Aufgaben der Verwaltung“.
Dieser Rechtsanspruch wurde durch das am 10.06.2021 in Kraft getretene Kinder-und Jugendstärkungsgesetzes noch weiter in den Vordergrund gestellt.
Nachfolgend eine Auflistung der Angebotsformen, Hilfearten und Zielgruppen der Hilfen zur Erziehung nach dem Achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII):
Angebotsform | Hilfeart (gem. §§ 27 ff. SGB VIII | Zielgruppe |
Ambulante Hilfen |
Erziehungsberatung (§ 28) | Eltern mit Kindern aller Altersgruppen |
Soziale Gruppenarbeit (§ 29) | Ältere Kinder und Jugendliche | |
Erziehungsbeistände (§ 30) | Ältere Kinder und Jugendliche | |
Sozialpädagogische Familienhilfe (§ 31) |
Familien mit jüngeren Kindern | |
Sozialpädagogische Tagesgruppe (§ 32) | Kinder im Vor- und Grundschulalter | |
Teilstationäre Hilfen |
Tagesgruppe (§ 32) |
Kinder bis 14 Jahre |
Stationäre Hilfen | Gemeinsame Wohnformen für Mütter, Väter und Kinder (§ 19) | Alleinerziehende Eltern mit Kindern unter 6 Jahren |
Vollzeitpflege (§ 33) | Insbesondere jüngere Kinder | |
Heimerziehung/sonstige Wohnformen (§ 34) | Kinder/Jugendliche/junge Volljährige | |
Intensive sozialpädagogische Einzel- betreuung (§ 35) |
Jugendliche und Heranwachsende |
In Anlehnung an: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Kinder- und Jugendhilfe Achtes Buch Sozialgesetzbuch, 3. Auflage, Berlin, 2010
Eine weitere Hilfeart, die hier nicht aufgeführt ist, ist die Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII. Hier handelt es sich um eine Hilfeform, die sich an seelisch behinderte Kinder, bzw. von seelischer Behinderung bedrohte Kinder und Jugendliche richtet und deren gesellschaftliche Teilhabe am Leben beeinträchtigt ist. Dieser Aufgabenbereich wird aufgrund des geänderten Bundesteilhabegesetzes (BTHG) prognostisch auch in den kommenden Jahren ansteigen. Es wird eine der Hauptaufgaben der Jugendämter sein, den Aufbau der inklusiven Jugendhilfe voranzutreiben.
Für die Stadt Alsdorf ergeben sich zum Stichtag 31.12.2021 folgende Fallzahlen in den verschiedenen Leistungsbereichen:
Im IV. Quartal 2021 wurden insgesamt 528 Hilfen zur Erziehung und Eingliederungshilfen gewährt und umgesetzt. Da nicht alle Tätigkeiten im ASD ausschließlich im unmittelbaren Leistungsbezug der Bürger stehen, müssen zusätzlich zu den kostenintensiven Fällen auch die oftmals sehr zeitintensiven Arbeitsprozesse wie Kinderschutzfälle, Trennungs- und Scheidungsberatungen, Familiengerichtsverfahren, begleitete Umgänge und formlose Betreuungen berücksichtigt werden. Insgesamt wurden im IV. Quartal 2021 zusätzlich zu den 528 Hilfefällen weitere 270 Familien durch den ASD begleitet.
Insbesondere die formlosen Betreuungen der weiteren 270 Familien, die durch die eigenen Fachkräfte kostenneutral durchgeführt werden, bringen im Leistungsbereich erhebliche Kostenreduzierungen mit sich.
Mit dem Inkrafttreten des Bundeskinderschutzgesetzes am 01.01.2012 wurde die Statistik zu den Einschätzungsverfahren einer Kindeswohlgefährdung gem. § 8a SGB VIII eingeführt. Die Statistik zählt erstmal keine (gefährdeten) Kinder, sondern Verfahren, bei denen eingeschätzt wurde, ob ein Kind möglicherweise gefährdet ist.
Im Jahr 2021 waren insgesamt 235 Meldungen über mögliche Kindeswohlgefährdungen (KWG) zu bearbeiten. Alle Meldungen wurden verlässlich immer von 2 Mitarbeiter*innen überprüft.
Insgesamt hat die weitere Zunahme der Meldungen zu Kindeswohlgefährdungen zu einer erheblichen zusätzlichen Arbeitsbelastung bei den Mitarbeitern*innen geführt.
Bei 79 Fällen kamen die Fachkräfte des Allgemeinen Sozialen Dienstes zu dem Ergebnis, dass eine (akute oder latente) Kindeswohlgefährdung vorliegt. Davon mündeten 24 Fälle in stationären Hilfen, 55 wurden durch ambulante Maßnahmen unterstützt. In 44 Fällen war eine KWG zu verneinen, aber ein Hilfebedarf wurde bejaht und bei 112 Fällen waren nach einer Überprüfung keine weiteren Maßnahmen erforderlich.
Gründe für Meldungen zu Kindeswohlgefährdungen und Inobhutnahmen waren: desolate Wohnverhältnisse; Räumungsklagen; Abstellen von Strom und Wasser seitens der Energieversorger; Einstellung bzw. Reduzierung von ARGE-Leistungen; psychische und physische Erkrankungen oder auch Suchterkrankungen bei Eltern, Kindern und Jugendlichen; unzureichende Versorgung und hohe Fehlzeiten in der Kindertagesstätte und in den Schulen. In den meisten Fällen war eine Mitteilung an das Jugendamt berechtigt und begründet.
Kindeswohlgefährdungen werden durch Energieversorger, ARGE, Nachbarn, Verwandte, Polizei, Kitas, Schulen, Gesundheitshilfe und Beratungsstellen gemeldet. Die Umsetzung, Begleitung, Finanzierung, Kostenheranziehung etc. der beschriebenen Hilfen setzt eine ausreichende Ausstattung des Sozialen Dienstes und der wirtschaftlichen Jugendhilfe mit Personalressourcen voraus.
Übersichten über Fallzahlen- und Kosten für das IV. Quartal 2021 sind als Anlage zu diesem Tagespunkt beigefügt.
Auswirkungen
Darstellung der finanziellen Auswirkungen:
Die finanziellen Mittel für diesen Aufgabenbereich werden im städtischen Haushalt unter dem Kostenträger 06-03-01 (Hilfen zur Erziehung) zur Verfügung gestellt.
Die für das Haushaltsjahr 2021 entstandenen Mehraufwendungen konnten innerhalb des eigenen Produktbereichs 06 – Kinder-, Jugend- und Familienhilfe gedeckt werden.
Darstellung der ökologischen und sozialen Auswirkungen:
Ergibt sich aus dem gesetzlichen Auftrag.
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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